Das Rechtssystem

<<  Zurück zur deutschen Version der Homepage 

Die Verfassung von Irland

Die Verfassung von Irland ist das Grundgesetz des Staates. Sie wurde vom irischen Volk nach einer Volksabstimmung im Juli 1937 beschlossen und trat am 29. Dezember 1937 in Kraft.

Die Verfassung ist das Dach, unter dem Recht gesprochen wird und gesetzliche Ansprüche in gesetzmäßig errichteten Gerichten durchgesetzt werden. Durch ihre ausdrücklichen Bestimmungen anerkennt und garantiert sie den Schutz der Grundrechte des Einzelnen.

In ihren 50 Artikeln legt die Verfassung die Institutionen des Staates fest und bestimmt die Grundregeln  der Interaktion zwischen den Organen des Staates einerseits und zwischen dem Staat und dem Einzelnen andererseits. Der Einzelne kann sich auf die Verfassung berufen, um die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu hinterfragen, die vom Oireachtas (Parlament) verabschiedet wurden, und um Rechtshilfe bei Verletzung verfassungsmäßiger Rechte zu suchen. Gemäß der Verfassung basiert das Rechtssystem auf der Tradition des "comon law".

Gemäß Artikel 6 der Verfassung geht alle Gewalt vom Volke aus, wenngleich der Staat nach außen hin die Herrschaft in Bezug auf seinen Stand in Angelegenheiten des internationalen Rechts hat. Der irische Staat ist vor den Gerichten verantwortlich für an Einzelpersonen begangenes Unrecht bei Verletzung ihrer verfassungsmäßigen oder gesetzlichen Rechte. Die Verfassung kann nur durch ein Volksbegehren verändert werden, das  Artikel 46 geregelt ist.

Eine zweisprachige Verfassung

Ein bemerkenswertes Merkmal der Verfassung von Irland ist, dass sie in zwei Sprachen geschrieben ist. Artikel 8 der Verfassung legt fest, dass die irische Sprache als Nationalsprache die Amtssprache des Staates ist und erkennt Englisch als zweite Amtssprache an. Wo eine Abweichung zwischen den beiden Texten der Verfassung auftritt, geht der Text in irischer Sprache vor.

Die Gewaltenteilung

Die Verfassung legt eine Dreiteilung der Gewalten fest: die Legislative, die Exekutive, und die Judikative. Dadurch ist sichergestellt, dass kein Staatsorgan in die Aufgaben eingreift, die den beiden anderen zugeschrieben sind. Artikel 12 bis 14 legen die Aufgaben des Präsidenten von Irland nieder, der das Oberhaupt des Staates ist. Die dem Präsidenten übertragenen Machtbefugnisse sind größtenteils zeremonieller Natur, wenngleich die Verfassung auch einige Entscheidungsrechte vorsieht. Trotz der grundsätzlichen Teilung der Staatsgewalt üben die Gerichte bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit ihre Gerichtsbarkeit auch über die Handlungen der anderen Staatsorgane aus.

(i) Die Legislative

Wie von der Verfassung festgelegt, besteht das Oireachtas aus zwei Kammern und dem Präsidenten von Irland. Die zwei Häuser des Oireachtas sind der Seanad Éireann (der Senat) und die Dáil Éireann (die Abgeordnetenkammer). Artikel 15 der Verfassung überträgt zwar die alleinige gesetzgebende Gewalt auf das Oireachtas. Diese Kompetenz ist aber nicht uneingeschränkt, da das Oireachtas daran gehindert ist, Gesetze zu verabschieden, die den Bestimmungen der Verfassung widersprechen. Eine Gesetzgebung, die bestimmte Taten nachträglich für strafbar erklärt oder die Todesstrafe einführen  würde, ist ebenfalls verboten. Die Gesetzesinitiative kann von jedem der beiden Häuser ausgehen, mit Ausnahme von Gesetzentwürfen zu Steuern oder Staatsausgaben und Gesetzentwürfen zur Änderung der Verfassung, die nur von der Dáil Éireann veingebracht werden dürfen. Ein Gesetzentwurf durchläuft verschiedene Stadien in beiden Häusern, bevor er der Präsidentin von Irland zur Unterschrift vorgelegt wird, woraufhin aus dem Gesetzentwurf ein Gesetz des Oireachtas wird.

(ii) Die Exekutive

Die Exekutive ist die Regierung von Irland und wird in Artikel 28 der Verfassung behandelt, welcher festschreibt, dass die Regierung aus nicht weniger als 7 und nicht mehr als 15 Mitgliedern bestehen darf und den Taoiseach (Premierminister) einschließt, der das Oberhaupt der Exekutive ist, sowie den in der Leitung der Regierung auf ihn folgenden Tánaiste (stellvertretender Premierminister).

(iii) Die Judikative

Die Artikel 34 bis 38 der Verfassung regeln das Gerichtssystem in Irland und die Strafgerichtsbarkeit. Artikel 34 erklärt ausdrücklich, dass "Recht in Gerichten gesprochen werden soll, die gesetzmäßig errichtet wurden, und von Richtern, die auf die Art und Weise berufen wurden, die in dieser Verfassung festgelegt ist". Artikel 35 legt die Berufung und Amtszeit von Mitgliedern der irischen Judikative fest, die gemäß der Bestimmungen des Artikels bei der Ausübung ihrer richterlichen Aufgaben unabhängig sein und nur dieser Verfassung und dem Gesetz unterliegen sollen." Gemäß Artikel 35.4.4 der Verfassung können die Mitglieder des Supreme Court und des High Court nur durch einen Beschluss beider Häuser des Oireachtas aufgrund von festgestelltem Fehlverhalten oder Arbeitsunfähigkeit ihres Amtes enthoben werden. Die Amtszeit von Richtern des Circuit Court und des District Court ist in ähnlicher Weise durch Gesetze geschützt. Zusätzlich kann gemäß Artikel 35.4.5 der Verfassung die Besoldung eines Richters während seiner Amtszeit nicht gekürzt werden.

Die Zuständigkeit eines Richters hängt von der Zuständigkeit des Gerichtes ab, dem er vorsitzt.

Klicken Sie hier für Informationen über das Gerichtssystem.

Grundrechte

Die Grundrechte des Bürgers werden in Artikel 40 bis 44 der Verfassung garantiert. Artikel 40 legt fest, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind und verpflichtet den Staat, das Persönlichkeitsrecht des Bürgers zu schützen. Der Begriff "Persönlichkeitsrecht" hat in seiner Interpretation durch die Gerichte zur Anerkennung und zum Schutz vieler Rechte geführt, die im Text der Verfassung nicht ausdrücklich genannt sind. Zu diesen nicht einzeln genannten Rechten gehören unter anderem das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht zu heiraten und das Recht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Zu den in der Verfassung enthaltenen einzeln benannten oder ausdrücklichen Rechten gehört unter anderem das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit. Artikel 40 enthält außerdem Bestimmungen, die das als "Habeas Corpus" bekannte Verfahren regeln, durch welches eine Einzelperson die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme anfechten kann. Artikel 41 und 42 beziehen sich auf die Rechte der Familie und auf Bildung. Artikel 43 bezieht sich auf das Recht des Bürgers auf Privatbesitz und Artikel 44 garantiert das Recht auf freie Religionsausübung und verbietet die Bevorzugung einer bestimmten Religion durch den Staat. Obwohl diese Rechte durch die Verfassung geschützt sind, sind sie nicht absolut und können aus Gründen der Staatssicherheit und zur Wahrung der öffentlichen Ruhe und Ordnung beschnitten werden, sowie auch dort, wo die Anforderungen des Allgemeinwohls eine solche Beschränkung erfordern.

Das Recht der Europäischen Gemeinschaft

Irland ist ein dualistischer Staat. Artikel 29.6 der Verfassung legt fest, dass internationale Vereinbarungen in dem Maße Gesetzeskraft haben, wie es das Oireachtas bestimmt. Das bedeutet, dass abgeschlossene internationale Verträge durch die Gesetzgebung in inländisches Recht umgesetzt werden müssen, bevor sie innerhalb des Staates Gesetzeskraft erlangen (so wurde zum Beispiel die Einbindung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen durch den Diplomatic Relations and Immunities Act 1967 herbeigeführt). Eine Ausnahme stellt hierbei das Recht der Europäischen Gemeinschaft dar, welches gemäß Artikel 29 der Verfassung Gesetzeskraft im Staat hat. Dies bedeutet, dass grundsätzlich kein Gesetz und keine Maßnahme, zu deren Umsetzung Irland aufgrund der Mitgliedschaft in der Europäischen Union verpflichtet ist, am Maßstab der Verfassung gemessen oder für ungültig erklärt werden darf.